Bereits neun Jahre ist es her, seit mit Xenoblade Chronicles für Nintendo Wii die dritte Xeno-Serie begann und wir mit Shulk, Reyn und Co. das erste Mal auf Abenteuer gehen durften. Einen 3DS-Port später erlebt das Rollenspiel auf Nintendo Switch nun bereits seine dritte Reinkarnation, diesmal als Definitive Edition – und so viel sei schon mal gesagt: Der Name ist wohlverdient.
Getragen von Titanen
Xenoblade Chronicles Definitive Edition entführt euch, genau wie das Original, in eine Welt aus Wasser, deren einzige Landmassen die erstarrten Körper zweier Titanen darstellen: Bionis, der als Heimat der Homs, wie die Menschen dort genannt werden, und anderer lebendiger Wesen dient, sowie Mechonis, der von den maschinenähnlichen Mechons besiedelt ist. Beide Völker stehen – wie ihre Lebensspender vor ihrer Erstarrung – seit Jeher im Krieg. Ein Jahr vor Beginn der Story schien dieser nun jedoch endgültig gewonnen: Mithilfe des legendären Schwerts Monado, geführt vom Helden Dunbar, konnten die Mechons besiegt und der Friede wiederhergestellt werden. Doch leider hält dieser nicht annähernd so lange, wie erhofft …
Ihr übernehmt im Spiel die Rolle von Shulk, einem jungen Mann, der, wie Dunbar, in Kolonie 9 lebt und es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Monado und seine verborgenen Fähigkeiten zu studieren – das Schwert ist nämlich nicht nur die einzige tatsächlich wirksame Waffe gegen die Mechons, leuchtende Zeichen auf ihr lassen zudem auf Kräfte schließen, die nicht einmal Dunbar bislang nutzen konnte. Und aus Shulks Theorie wird bald bestätigte Wahrheit, denn als die Mechons erneut angreifen, stellt er gleich zwei Dinge fest: Anders als Dunbar kann er das Monado ohne negative Effekte auf seine Gesundheit führen – und praktischerweise kann er damit nicht nur Mechons besiegen, sondern auch in die Zukunft sehen und diese somit verändern, bevor sie Realität wird.
In ständiger Bewegung
Xenoblade Chronicles war bereits im Original bekannt für sein komplexes Kampfsystem: Während des Abenteuers übernehmt ihr unterschiedliche Charaktere, die allesamt mit ihrem eigenen Set an Fertigkeiten, genannt Arts, kommen. Diese dürfen wiederum im Laufe des Spiels mittels im Kampf gewonnener Punkte verbessert werden; und habt ihr erst mal mehr als acht davon für einen einzigen Charakter freigeschaltet, müsst ihr zudem auswählen, welche davon aktiv in eurem Kampfmenü aufscheinen sollen. Für weitere, passive Fähigkeiten könnt ihr außerdem für jeden Charakter einen Skilltree-Pfad festlegen, während alle anderen Charaktere dort freigeschaltete Skills verlinken und somit auch selbst nutzen dürfen.
Apropos verlinkt: Auch Zwischenmenschliches spielt in Xenoblade Chronicles eine Rolle, festgehalten im Affinity-System, das festlegt, wie die Beziehung zwischen euren Charakteren untereinander, aber auch zwischen eurer Party und den Bewohnern einzelner Städte und Faktionen aktuell aussieht. Erhöht wird diese Affinity durch Interaktionen wie Gespräche und Handeln mit NPCs oder gegenseitige Unterstützung im Kampf, während ihr im Gegenzug für bessere Werte mehr Quests sowie verfügbare Handelsgegenstände bekommt bzw. zwischen euren Charakteren sogenannte Heart-to-Hearts – kurze Extra-Cutscenes – starten dürft. Ach ja… und dann wäre da natürlich noch eure Ausrüstung, die nicht nur wie gewohnt mit unterschiedlichen Werten aufwartet, sondern zudem durch Gems verstärkt werden darf, die Bonuseffekt wie mehr HP, höhere Stärkewerte, Resistenzen diverser Art und mehr bringen.
Alles in allem wird also schnell klar, dass Xenoblade Chronicles mit jeder Menge Personalisierungsmöglichkeiten für eure Charaktere und euren Kampfstil aufwartet – und genau hier kommt auch schon eine der größten Verbesserungen der Definitive Edition zum Tragen: das komplett überarbeitete User Interface.
Um euch einen besseren Überblick über die aktuellen Werte eurer Charaktere, deren Beziehungen, alle Anpassungsmöglichkeiten in Sachen Fertigkeiten und Waffen sowie aller NPCs, die mit euch handeln möchten, zu geben, wurden das gesamte Menü sowie alle Kampfanzeigen überarbeitet und sind nun nicht nur weit einfacher zu navigieren, sondern bieten auch hilfreiche Extrainfos, die aus der Flut an Möglichkeiten mehr Sinn denn je machen.
Auch die Karte wurde angepasst und gibt euch nun während eurer Erkundungen der Welt weit bessere Hinweise darauf, wo neue Quests warten, wo aktuelle Quests fortgeführt werden können bzw. wo euch die Hauptstory als nächstes hinschicken möchte. All das in Kombination sorgt in der Xenoblade Chronicles Definitive Edition für ein Gameplay, an dem kaum noch etwas auszusetzen ist und das es euch erlaubt, die großartige Story und ihre Charaktere vollends zu genießen, während ihr letztendlich auch problemlos sämtliche der umfangreichen Möglichkeiten in Sachen Charakter-Anpassungen und Kampfsystem nutzen könnt.
Schöne neue Welt
Aber nicht nur am User Interface hat man bei der Xenoblade Chronicles Definitive Edition mächtig geschraubt, auch grafisch gab es natürlich ein gewaltiges Update: Sämtliche Charaktermodelle wurden neu designt und kommen nun mit weit klareren Gesichtszügen, einzeln beweglichen Fingern, mehr Texturdetails und mehr daher. Der einzige Nachteil daran, der Langzeit-Fans ein wenig stören könnte: Alle Protagonisten haben nun einen weitaus Anime-mäßigeren Look, der uns zwar sehr gut gefällt, ihr Aussehen aber dennoch geringfügig verändert.
Auch die Umgebungen wurden durchgehend aufgewertet: Städte und Landschaften präsentieren sich nun mit deutlich mehr Polygonen sowie weit mehr Textur-Details, Wasseroberflächen reflektieren nun die Umgebung ringsum und auch die Schatten im Spiel wirken nun weitaus realistischer – wenngleich sich diese nicht realistisch mit der Tageszeit verändern. Aber über derartige Kleinigkeiten kann man in Anbetracht der sonstigen Verbesserungen getrost hinwegsehen.
Der schöne Soundtrack des Titels konnte schon im Original begeistern, tönt uns in Xenoblade Chronicles Definitive Edition nun dank Remaster jedoch wohlklingender denn je entgegen. Wer es lieber traditionell hat, der darf allerdings auch die ursprünglichen Melodien einstellen.
Portable Abstriche
Nach der 3DS-Version von Xenoblade Chronicles, in der wir das Spiel zum ersten Mal portabel erleben durften, fragt sich sicher auch der eine oder andere, wie sich das Spiel in der portablen Version auf Switch hält – und die Antwort ist: gut. Im Vergleich zum TV-Modus müsst ihr im Portabel-Modus zwar mit Abstrichen bei der Auflösung leben und auch diverse Effekte wie die Wasserreflektionen sucht ihr dort vergebens, der Titel sieht aber im Handheld-Modus der Switch immer noch deutlich besser aus als das Wii-Original und steht in keinem Vergleich zur 3DS-Version, die damals nicht auf-, sondern abgewertet wurde, um auf dem Handheld überhaupt laufen zu können. Xenoblade Chronicles Definitive Edition ist somit sowohl zuhause am TV wie auch portabel eindeutig die hübscheste Version des großartigen Spiels.
Noch lange nicht genug
Aber halt, war es das? Hübschere Präsentation und ein paar UI-Tweaks? Absolut nicht. Xenoblade Chronicles Definitive Edition kommt nämlich noch mit einer weiteren Neuerung: Einem spielbaren Epilog, der die Story nach Ende des Games noch weiter ausbaut. Die Zusatzepisode trägt den klingenden Namen Future Connected und dauert, je nachdem, wie viele Sidequests ihr erledigen möchtet, zwischen 10 und 20 Stunden – bietet also mehr als genug Anreiz, euch die Definitive Edition schon alleine deshalb zu holen.
Besser denn je
Die wichtigste Frage bei jedem Remaster ist jene, ob sich ein Neukauf lohnt, und im Falle von Xenoblade Chronicles Definitive Edition ist die Antwort darauf eindeutig ja, sofern ihr den Titel nach alle den Jahren gerne noch einmal spielen möchtet. Dank völlig überarbeiteten Menüs, Karten und UIs sowie geupdateter audiovisueller Präsentation wird die Definitive Edition ihrem Namen allemal gerecht und liefert ein Xenoblade Chronicles-Erlebnis, das sich trotz kleiner Alterserscheinungen auch hinter aktuellen Titeln kaum verstecken muss. Und dann wäre da natürlich noch der spielbare Epilog Future Connected, der einen Neukauf schon beinahe alleine rechtfertigt. Wer Xenoblade Chronicles bislang indessen noch gar nicht gezockt hat, der sollte erst recht nicht überlegen und sorglos zugreifen, um eines der beste RPGs des letzten Jahrzehnts in seiner hübschesten Inkarnation nachzuholen.
Xenoblade Chronicles Definitive Edition
System: Nintendo Switch
Genre: Action-RPG
Entwickler / Publisher: Monolith / Nintendo
Erscheinungsdatum: 29. Mai 2020
Kira arbeitet bereits seit 2004 für diverse Videospiel- und Entertainment-Magazine, darunter auch die ehemaligen Printmagazine von Gamers.at und consol.at. Leidenschaftliche Zockerin ist sie allerdings schon seit dem Atari 2600 und sie kann sich auch nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird.