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Review: Return to Monkey Island im Test

Return to Monkey Island banner

Unglaubliche 32 Jahre ist es her, seit wir mit Guybrush Threepwood im 1990 erschienenen The Secret of Monkey Island das erste Mal losziehen durften, um mächtiger Pirat zu werden – und über 30 Jahre später wissen wir immer noch nicht, was genau das titelgebende Geheimnis von Monkey Island denn nun eigentlich ist. Wir nicht, und Guybrush ebenfalls nicht. Also wurde es Zeit, auf ein letztes(?) Abenteuer zu gehen, um genau dieses endlich zu lüften.

Return to Big Whoop

Vielleicht erinnert ihr euch noch: Nachdem wir es im Finale von Monkey Island 2 aka Monkey Island: LeChuck’s Revenge geschafft hatten, den Zombie-Piraten LeChuck zu übermannen, gab sich dieser als unser verkleideter Bruder Chuckie zu erkennen und wir fanden uns als Kinder im Vergnügungspark Big Whoop wieder. Dort trafen wir auf unsere Eltern, die froh waren, uns endlich gefunden zu haben, und dann mit uns – und einem offensichtlich noch immer dämonischen – Chuckie in Richtung Attraktionen verschwanden. Und das war es. Für die Story von LeChuck’s Revenge, die uns mit diesem bombastischen Cliffhanger zurückließ, wie auch für Serienvater Ron Gilbert, der an den nächsten beiden Monkey Island-Fortsetzungen nicht mehr mitwirkte.

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Ob der Austritt von Ron Gilbert der Grund war oder nicht, seit damals wurde das kuriose Ende nie wieder richtig aufgegriffen. Teil 3, The Curse of Monkey Island, machte an dessen Anfang klar, dass Guybrush irgendwie aus Big Whoop entkommen war, verriet uns aber weder, wie genau er das getan hatte, noch was es mit dieser Episode so wirklich auf sich hatte – und die Fans fanden sich damit gezwungenermaßen ab. Umso größer war die Freude, als bekannt wurde, dass der nun mittlerweile 6. Serienteil direkt an Monkey Island 2 anschließen sollte und dass dies alles obendrein unter der Leitung des originalen Creators Ron Gilbert passieren sollte: Auftritt Return to Monkey Island. Wurde das Versprechen gehalten? Nun, so halb.

Return to Monkey Island beginnt tatsächlich (fast) genauso wie Monkey Island: LeChuck’s Revenge endete: Als kleiner, blonder Junge kommen wir mit Chuckie nach gewohntem Wortaustausch aus dem bekannten Backstage-Ausgang im Big Whoop Vergnügungspark und treffen unsere Eltern – doch hier beginnen die Unterschiede. Die ‚Eltern‘ sind gar nicht unsere Eltern, sondern zwei Fremde, denen wir damit auf die Nerven gehen, so zu tun, als wären sie unsere Eltern und ihnen nachzulaufen, und sobald wir umdrehen und zurück in Richtung Hauptallee gehen, sieht alles anders aus: Die Attraktionen wurden durch ein Schiff im Hintergrund ersetzt, das Big Whoop Schild ist fort und der gerade noch so tolle Park präsentiert sich nur mehr als Schatten seiner selbst. Alles nur Fantasie, die geendet hat? Es wird impliziert. Einen Scurvydog und ein paar Kinderabenteuer später treffen wir dann unseren richtigen Vater in einem anderen Teil des Areals: den echten Guybrush, der deutlich gealtert ist und drauf und dran, uns über eines seiner Abenteuer zu erzählen: Jenes, als er den Schatz von Monkey Island fand. Soweit nicht ganz das, was wir erwartet hatten, aber warum nicht? Und wie sieht es mit dem Schatz der Affeninsel aus? Nun ja … Kommen wir darauf später zurück.

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Alter Charme in neuem Gewand

Monkey Island ist dafür bekannt, Designstile so schnell zu wechseln, wie Guybrush Schiffe zerstört. Während Teil 1 und 2 in der typischen Pixelgrafik der 90er strahlten, bekamen wir in Teil 3 Cel-Shading-Zeichentrick-Grafik und Teil 4 war vollends in eher unschönem 3D gehalten. Die 3D-Grafik blieb uns dann für Tales of Monkey Island erhalten, wurde jedoch optisch um Welten aufgebessert. Return to Monkey Island besinnt sich nun wieder zurück zu 2D-Umgebungen – eine großartige Entscheidung –, und präsentiert uns dabei charmanten, gezeichneten Scrapbook-Look. So kontrovers der Art-Stil im Vorfeld von der Fangemeinde aufgenommen wurde, im tatsächlichen Spiel macht er sich super und passt perfekt zur schrägen Piratenwelt. Zumindest in Sachen Soundtrack und Stimmen sollte sich die Spielerschaft jedoch einig sein, denn diese schallen auch in Teil 6 durchwegs bekannt und wie immer unangefochten fabelhaft.

Die Steuerung funktioniert, wenig überraschend, nach wie vor per Point & Click, die Kommandos wurden jedoch ein weiteres Mal vereinfacht: Bewegt ihr den Mauszeiger über Interaktionspunkte wie Gegenstände oder Dinge in der Umgebung, bekommt ihr bis zu zwei Optionen angezeigt, was ihr damit tun könnt und die ihr mittels entweder linker oder rechter Maustaste ausführt. Oft verändern sich die Kommandos dabei, nachdem ein anderes ausgeführt wurde. So müsst ihr Dinge beispielsweise oft zunächst betrachten, bevor ihr Weiteres damit anstellen oder sie aufheben dürft. Das funktioniert zwar gut, macht das Rätseln aber erheblich einfacher, als wenn ihr selbst herausfinden müsst, welche Aktionen mit welchen Interaktionspunkten reagieren, so wie das in den frühen Serienteilen der Fall war. Auch beim Kombinieren von Dingen wird euch geholfen: Ewige Fehlversuche werden vermieden, indem ihr beim Ziehen eines Gegenstands über einen anderen per kleinem Warnzeichen sofort seht, ob ihr diese miteinander benutzen könnt oder eben nicht.

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Generell sind die Rätsel in Return to Monkey Island auf der leichten Seite angesiedelt, und zwar selbst dann, wenn ihr den Hard Modus wählt. Solltet ihr dennoch mal hängen, bietet das Spiel eine integrierte Hilfestellung in Form eines Hinweisbuchs, das ihr nur im Inventar benutzen müsst. Dies alles in Kombination sorgt dafür, dass sogar absolute Point&Click-Neulinge mit Return to Monkey Island keinerlei Schwierigkeiten haben werden, während sich Genre-Veteranen sogar schon unterfordert fühlen könnten.

In Sachen Charakteren und Humor dürft ihr indessen mit viel gewohnter Kost rechnen – und zwar im besten Sinne. Vom grummeligen Schädel Murray bis zum Arm-fuchtelnden Stan sind beinahe alle alten Bekannten wieder mit von der Partie – im optionalen Writer’s Cut (aktivierbar im Hauptmenü) sogar noch mehr als in der normalen Version. Und auch die Länge des Spiels kann sich sehen lassen: Alteingesessene Fans werden Return to Monkey Island in rund acht Stunden durchspielen, während Neulinge durchaus bis zu 12+ Stunden beschäftigt sind – besonders dann, wenn ihr auch versucht, alle Trivia-Karten zu finden. Dieser kleine Bonus lässt Karten zufällig an unterschiedlichen Spawn-Punkten im Spiel auftauchen, die euch nach Einsammeln dann in einem eigenen Buch im Inventar Fragen zum aktuellen Game und der Serie als Ganzes stellen. Wer es schafft, genügend davon richtig zu beantworten, erhält Achievements und darf sich Monkey Island-Meister nennen.

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Und was ist nun mit dem Schatz?

An dieser Stelle eine kleine Warnung: Wer jegliche Spoiler zum Ende von Return to Monkey Island vermeiden möchte, überspringt diesen Absatz und liest direkt beim Fazit weiter. Sicher, dass du weiterlesen möchtest? Ja? Okay. Guybrush kann den Schatz finden – oder auch nicht. Eure Entscheidung. Genauso wie das Ende des Titels uns genauso perplex zurücklässt, wie es LeChuck’s Revenge einst tat. Tatsächlich. Denn das Ende von Return to Monkey Island lässt uns wörtlich an gleicher Stelle zurück – im Vergnügungspark – und stellt uns zudem auch einmal mehr vor die Frage: Ist alles real – oder doch nur Guybrush’s Hirngespinst. Und ihr dürft sogar als Guybrush entscheiden, ob ihr das hinnehmen oder ignorieren wollt. Alles sehr meta und offen für Interpretation – und das kann einem gefallen oder auch nicht. Ich persönlich hätte mir, gerade von einem voraussichtlich letzten Serienteil, etwas mehr Eindeutigkeit gewünscht. Genauso wie eine tatsächliche letzte Konfrontation mit meinen Widersachern, denn diese wird in allen zehn möglichen Versionen des Endes komplett übersprungen. Stattdessen bekommen wir, abhängig von unseren letzten Entscheidungen, kurze Post-Credit-Scenes (die Credits müssen dabei leider jedes Mal komplett angeschaut werden), die die mögliche Interpretation mehr in die eine oder andere Richtung schubsen, aber nichts eindeutig auflösen oder erklären. Manche Geheimnisse sollen scheinbar einfach nicht gelöst werden.

Der Weg ist das Ziel

Nach Beenden des Spiels wird im Scrapbook im Hauptmenü ein Brief von Ron Gilbert freigeschalten, der erklärt, dass es bei Return to Monkey Island in erster Linie darum ging, die Vergangenheit mit all ihren Wundern neu aufleben zu lassen – und dass dies Guybrush teils gelingen wird und teils nicht. Genauso fühlt sich der Titel letztendlich auch für mich an. Das Gameplay, der Humor, die Rätsel – trotz niedrigem Schwierigkeitsgrad –, das Wiedersehen mit alten Bekannten und altbekannten Orten, der typische Monkey Island-Charme – das alles klappt im Jahr 2022 noch genauso gut wie 1990 und macht auch immer noch riesigen Spaß. Ein wenig enttäuschend war hingegen die Story, vor allem deren Ende. Der Open-End-Ansatz war beim ersten Mal kurios, beim zweiten Mal fühlt er sich schon beinahe wie ein kleiner Stinkefinger an, trotz zusätzlicher Erklärungen und Symbolik. Dennoch, Return to Monkey Island ist ein weiterer toller Teil in einer großartigen Serie mit sehr wenigen echten Hackern und sein Geld für alle Genre-Liebhaber eindeutig wert. Bleibt nur zu hoffen, dass wir eines Tages doch wieder mit Guybrush auf die Meere segeln können werden.

8.8
Grafik:
9
Sound:
9
Steuerung:
10
Story:
7
Return to Monkey Island

Return to Monkey Island

Systeme: PC (Steam), Nintendo Switch
Getestet auf: PC (Steam) - PC Intel Core i7-8700K, 32GB RAM, GeForce RTX 2080
Genre: Point&Click, Adventure
Entwickler: Ron Gilbert, Terrible Toybox
Publisher: Devolver Digital
Erscheinungsdatum: 21. September 2022

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