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Review: Ghost of Tsushima im Test

Ghost of Tsushima Review von Unaltered Magazine

Einen Monat nach The Last Of Us Part II folgt mit Ghost of Tsushima der nächste und womöglich auch finale Exklusivtitel für Sonys PlayStation 4. Sucker Punch Productions entführen uns dabei in das feudale Japan Ende des 13. Jahrhunderts, als das mongolische Reich zur Eroberung des Landes ansetzte und auf der Insel Tsushima landete. Als Samurai Jin Sakai stellen wir uns den Invasoren entgegen.

Im Osten nichts Neues?

Der Gameplay-Trailer der E3 2018 wurde begeistert aufgenommen und schürte hohe Erwartungen an Ghost of Tsushima. Das Open World-Spiel sah nicht nur beeindruckend aus, sondern konnte auch mit einem unverbrauchten Setting punkten. Nun, zwei Jahre später können sich die Spieler überzeugen, ob das Action Adventure wirklich der erhoffte Samurai-Kracher geworden ist.

Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Gameplay von Ghost of Tsushima kaum von seinen Genrekollegen. Nach einer Einführung inklusive diverser Tutorials öffnet sich eine gewaltige Spielwelt, die mit dem Abschließen wichtiger Story-Missionen sukzessive erweitert wird. Es gilt, gegnerische Basen einzunehmen, Collectibles einzusammeln und Ressourcen zu farmen, mit denen wir unsere Ausrüstung verbessern. So weit, so bekannt. Was Ghost of Tsushima aber besser als viele seiner Mitbewerber macht, ist Mut zum Minimalismus zu zeigen. Sucker Punch legten großen Wert darauf, den Bildschirm so frei wie möglich zu halten. Das lässt nicht nur die wunderschöne Grafik noch eindrucksvoller wirken, der Spieler muss auch etwas umdenken. Wer in anderen Spielen nur noch den Questmarkern auf einer eingeblendeten Mini-Map hinterherrennt, bekommt jetzt den Spiegel vorgehalten. Die Funktion gibt es in Ghost of Tsushima schlicht und ergreifend nicht. Natürlich gibt es eine Weltkarte mit Markierfunktion, aber im Spiel selbst muss man sich auf die Umwelt konzentrieren. Planlos herumirren wird man aber nicht, denn die Entwickler haben dafür eine so simple wie geniale Lösung gefunden: Wischt man auf dem Touchpad nach oben, weht ein Windhauch über das Land und weist den Weg in Richtung des markierten Ziels. Das ist im Prinzip auch nichts anderes als ein Questmarker, aber für die Immersion wirkt es Wunder.

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Samurai oder Ninja?

An diesem kleinen Detail merkt man, dass wir es hier nicht mit dem nächsten Open World-Game von der Stange zu tun haben, obwohl Ghost of Tsushima auf die bewährten Zutaten setzt. Diese sind neben den oben genannten Punkten eine Mischung aus Schleichen und Kämpfen, was in der Story begründet ist.

Samurai Jin ist einer der wenigen, die den ersten Angriff der Mongolen überlebt haben. Sein Onkel und Ausbilder wurde dabei gefangen genommen und als ein erster Befreiungsversuch fehlschlägt, ist Jin zum Umdenken gezwungen. Als Einzelner gegen eine Armee kommt er mit dem ehrenhaften Kodex der Samurai nicht weit und muss immer wieder zu den verhassten Taktiken aus dem Hinterhalt greifen. Auf das Gameplay bezogen bedeutet das, dass man seinen Feinden entweder mit gezogener Klinge gegenübertritt oder vielleicht doch erst mal einige (oder sogar alle) von ihnen aus dem Hinterhalt meuchelt. Wichtig festzuhalten ist dabei, dass beide Wege sehr gut funktionieren. Das Schleichen ist aufgrund der bisweilen etwas naiven KI sogar ein bisschen zu einfach, aber das passt auf seine Weise auch wieder zur Geschichte.

Jin hasst die aus Sicht eines Samurai hinterhältige Art eines Assassinen, aber sie ermöglicht es ihm, sein Volk vor den grausamen Mongolen zu schützen. Stellt man sich dem Feind dann doch Mann gegen Mann, kann man auf ein gelungenes Kampfsystem zurückgreifen. Dieses wirkt aufgrund der vielen Möglichkeiten (Katana, zwei Bögen, diverse Wurfwaffen, Spezialangriffe & vier verschiedene Kampfhaltungen) zunächst etwas erschlagend, geht aber nach ein paar Spielstunden wirklich gut von der Hand. Wenn man in einer fließenden Bewegung unter mehreren Schlägen wegtaucht, einen Bogenschützen per Wurfmesser ausschaltet und den heranstürmenden Schwertkämpfer nach einer perfekten Parade mit einem Gegenschlag zu Boden schickt, fühlt man sich wirklich wie ein Samurai. Dann stört es auch nicht mehr, dass man die Gegner nicht wie bei beispielsweise Dark Souls fixieren kann. An dieser Stelle jedoch eine Warnung an Zartbesaitete: Egal ob man dem Gegner hinterrücks einen Dolch in den Hals rammt oder ihn frontal mit dem Katana durchbohrt, so schnell wie bei gewissen weiß gekleideten Meuchelmördern aus dem Hause Ubisoft wird in Ghost of Tsushima nicht gestorben. Kaum ein Gegner verendet ohne Gurgeln, Stöhnen oder Schreien, und auch mit dem roten Lebenssaft haben Sucker Punch Productions nicht gegeizt. Wir befinden uns eben im Krieg und das Spiel nimmt sich angenehm ernst.

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Der Teufel steckt im Detail

Das virtuelle Tsushima dürfte einer der schönsten Orte sein, die man bisher in einem Spiel erkunden durfte. Wie beim Erzählen der Geschichte selbst, haben sich die Entwickler auch bei der Gestaltung der Insel einige historische Freiheiten genommen, damit man als Spieler unterschiedliche Gebiete erkunden kann. Musik wird nur spärlich eingesetzt, da man voll auf die Geräuschkulisse der Natur setzt, und auch das trägt zur anfangs genannten Immersion bei.

Für Fans des östlichen Kinos bietet Ghost of Tsushima zudem ein ganz besonderes Feature, denn auf Wunsch kann man das Spiel in den „Kurosawa-Modus“ schalten und es damit nicht nur thematisch, sondern auch in Sachen Darstellung wie ein Werk des legendären Regisseurs Akira Kurosawa wirken lassen: schwarz-weiß, japanische Sprachausgabe und Knister-Sound – für Liebhaber ein wahres Fest. Generell merkt man, dass Sucker Punch Wert auf Details gelegt haben. Läuft Jin langsam durch hohes Grad, streicht er mit seiner Hand darüber. Hat man sich von einem Fuchs zu einem Schrein führen lassen, darf man diesen streicheln. Und wischt man auf dem Touchpad nach rechts, kann man sein Schwert mit einer zackigen Bewegung ziehen oder von Blut reinigen. Das alles hat auf das Spiel keine Auswirkungen, zieht einen aber noch tiefer in die Welt.

Ganz ohne Kritik schafft es Ghost of Tsushima dann aber doch nicht über die Ziellinie. Das Hauptproblem ist die Kamera, die immer ein kleines Stück zu nahe am Helden ist, was vor allem in Kämpfen zu Übersichtsproblemen führt und gelegentliches Nachjustieren erfordert. Hinzu kommen die üblichen Open-World-Probleme wie Fehler beim Clipping, das Spawnen von Tieren auf Häuserdächern (Roach, bist du es?) und sehr auf ihre KI-Routinen festgelegte Gegner. Außerdem scheint Jin eine seltsame Aversion gegen das Erklimmen von Leitern zu haben und lässt sich gerne mehrfach dazu bitten. Das kann im Kampfgetümmel oder auf der Flucht schnell zum Bildschirmtod führen. Die Story hat ein paar Längen und bietet vor allem für Eastern-Fans wenig Überraschendes, funktioniert aber gut genug, um stets zum Weiterzocken zu motivieren. Insgesamt gesehen ist Ghost of Tsushima aber ein würdiger letzter Titel in der langen Reihe hervorragender PS4-Exclusives geworden.

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Spaßige Schlachtplatte

So viel Liebe zum Detail wie bei Ghost of Tsushima hätte ich einem AAA-Titel gar nicht mehr zugetraut. Das Spiel ist definitiv mehr als die Summe seiner Teile und präsentiert sich beinahe durchwegs hervorragend, von der wundervollen Grafik über den passenden Sound bis hin zum spannenden Kampfsystem und der großartigen Immersion dank zahlreicher kleiner Details. Mit den wenigen Macken kann ich gut leben, vor allem in Anbetracht all der Pluspunkte, die Ghost of Tsushima weit über andere Open-World-Titel hinwegheben. Übrigens: Wer wie ich Bushido Blade auf der PS One geliebt hat, dem sei der harte Schwierigkeitsgrad empfohlen. Dann tut jeder Treffer richtig weh. Ghost of Tsushima sollte jedenfalls in keiner Action-Sammlung fehlen.

9
Grafik:
9
Sound:
9
Steuerung:
9
Story:
8
Immersion:
10
Ghost of Tsushima

Ghost of Tsushima

System: PS4
Genre: Open-World-Action-Adventure
Entwickler/Publisher: Sucker Punch Productions/Sony
Erscheinungsdatum: 17. Juli 2020

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