Unglaublich, was man alles erleben kann, nur weil eine Glühbirne kaputtgeht und sich die Tapete an der Wand abrollt. Für den Helden von Creaks reicht das immerhin schon, um ihn unverhofft in eine geheime Welt unter seiner Wohnung zu leiten, die von Licht und Schatten regiert, von schrägen Vögeln (wortwörtlich!) bewohnt und obendrein von einem riesigen Monster bedroht wird.
Bellende Kommoden und fauchende Kleiderständer
Creaks – zu Deutsch Knarren – passt als Titel des Spiels perfekt, denn genau so stellen wir uns das Geräusch vor, dass unser Held macht, wenn er zunächst mal die ewig lange Holzleiter in das Creaks-Reich hinab- und dann viele, viele, weitere Leitern rauf und runter klettert, unsicher ausschauende Aufzüge nimmt oder über nicht ganz so stabil wirkende Böden schleicht, um einen Abschnitt nach dem anderen hinter sich zu bringen.
In jedem davon warten Rätsel auf ihn, die allesamt eine paar Dinge gemeinsam haben: Zunächst wären da die eigenartigen, tödlichen, aber irgendwie auch richtig niedlichen Kreaturen, die sich unter direktem Lichtstrahl von gefährlichen Monstern in harmlose Einrichtungsgegenstände verwandeln. So wird aus einem bellenden Monsterhund, der uns unaufhaltsam verfolgt, sobald wir ihm erst zu nahe gekommen sind, eine schicke Kommode, die wir herumziehen und sogar als Aufstiegshilfe nutzen können, aus stacheligen Gesellen, die uns jeden Schritt gleichtun – sofern kein Lichtstrahl oder eine Wand im Wege stehen – werden stilvolle Kleiderständer, und scheue Ziegen, die eigentlich lieber von Grasfleck zu Grasfleck laufen, uns aber dennoch im Nu meucheln, wenn wir sie in die Enge treiben, werden zu gemütlichen Stühlen.
Wo Monster sind, die sich bei Licht verwandeln, braucht es aber natürlich auch Lichtquellen, und wie macht man diese an? Richtig, mit Lichtschaltern. Diese findet ihr an Wänden zum einfachen Umlegen, aber auch am Boden als Trittplatten, auf die ihr nicht allzu selten andere Monster locken müsst, um diese dort dann eben als Stuhl oder Kommode festzuhalten. Schalter, Hebel und Bodenplatten machen aber nicht nur das Licht an, sondern öffnen auch Schotte und Türen, heben und senken Bücherregale oder legen sogar geheime Abschnitte frei. In Letzteren findet ihr zumeist eines von zahlreichen Gemälden, in denen kuriose Einblicke in die Welt der Vogelmenschen der Creaks-Welt warten oder auch kleine Mini-Spiele. Alles in allem sind die Bilder jedoch in erster Linie Collectibles, die einfach ein wenig Mehrwert in ein ohnehin schon äußerst spaßiges Spiel bringen.
Lese…vögel?
Die oben genannten Mechaniken müsst ihr wie gesagt nutzen, um einen Abschnitt nach dem anderen zu bewältigen, und was dabei abseits der Monster und Rätsel auffällt, ist, dass die gesamte Welt von Creaks voll von spannenden Gegenständen ist, insbesondere Büchern. Vor allem in späteren Levels sind sie wirklich überall – in Regalen, eigenen Bibliotheken, auf den Überresten von zerstörten Wänden, am Boden … Warum möchten wir euch hier noch nicht verraten, doch so viel sei gesagt: Die Welt von Creaks sieht generell fantastisch aus, und das nicht nur, weil ich riesiger Buch-Fan bin. Der Stil wirkt Burton-esque gezeichnet, düster, aber mit vielen hübschen Details versehen, und hält den perfekten Spagat zwischen niedlich und schaurig. Dasselbe gilt auch für die Charaktere: Sowohl unser Held wie auch die Vogelkreaturen, die die Welt von Creaks bewohnen, passen sich perfekt in die sonstige Umgebung ein und haben trotz absichtlich minimalistischer Animationen und einer „Sprachausgabe“, die nur mit unverständlichen Geräuschen auskommt, jede Menge Ausdruck.
Hier wird übrigens noch ein weiteres Plus für Creaks deutlich: Das Spiel wirft euch direkt ins Geschehen, Tutorials oder Erklärungen gibt es im Grunde nicht, und dennoch ist alles – von der Verhaltensweise der einzelnen Möbel-Monster, die genutzt werden muss, um die einzelnen Rätsel zu lösen, über andere Mechaniken bis hin zur Story – sofort klar verständlich. So intuitives Gameplay wünscht man sich von allen Titeln, die in Richtung Casual Game gehen.
Die tolle Atmosphäre des Spiels wird auch vom Soundtrack von Hidden Orchestra untermalt, der mit wundervollen Melodien, die mal geheimnisvoll, mal ominös, mal richtig aufregend klingen, aufwartet und obendrein einige Momente bietet, die mich wirklich aufhören haben lassen. Alles in allem ist der einzige Negativpunkt an Creaks, dass es nach rund fünf Stunden auch schon wieder vorbei ist. Das fühlt sich beim Spielen zwar nicht wirklich zu kurz an, man wünscht sich am Ende jedoch eindeutig mehr.
Süßes Rätsel-Abenteuer mit stimmungsvoller Präsentation
Manchmal möchte man als Gamer adrenalingefüllte, laute Abenteuer mit jeder Menge Action bestreiten und manchmal sehnt man sich einfach nach einem richtig niedlichen Spiel, das den Geist fordert und einem ein Lächeln nach dem anderen ins Gesicht zaubert, ohne dabei zu stressen – genau so ein Spiel ist Creaks. Von der düster-putzigen Grafik samt wunderbarem Soundtrack über die witzig erzählte Story mit ihren schrägen Charakteren bis hin zu den einfallsreichen Rätseln selbst, die fordern, aber nicht überfordern, stimmt hier einfach alles. Der einzige Wunsch, der hier am Ende offenbleibt, ist jener nach einer hoffentlich bald folgenden Fortsetzung.
Creaks
Systeme: PC (GOG/Steam)
Genre: Rätsel-Abenteuer
Entwickler / Publisher: Amanita Design
Erscheinungsdatum: 22. Juli 2020
Kira arbeitet bereits seit 2004 für diverse Videospiel- und Entertainment-Magazine, darunter auch die ehemaligen Printmagazine von Gamers.at und consol.at. Leidenschaftliche Zockerin ist sie allerdings schon seit dem Atari 2600 und sie kann sich auch nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird.