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Review: Willy Morgan and the Curse of Bone Town im Test

Willy Morgan and the Curse of Bone Town Preview von Unaltered Magazine

Ahoi, Piraten! Willkommen in Bone Town! Der einzigen Piratenhochburg, die in der modernen Welt des 21. Jahrhunderts noch existiert, und die sich bloß eine Fahrrad-Tour von überall weit weg befindet. In unserem wundervollen kleinen Seeräuber-Paradies findet ihr unter anderem mittelalterliche Vistas, fehlende Abwassersysteme, fiese Halunken und – natürlich – versteckte Piratenschätze!

I wanna be a Pirate!

Point-and-Click-Adventures haben in den letzten Jahren eine kleine Renaissance durchgemacht, an die großen Klassiker von LucasArts, Sierra und Co. kommen die meisten allerdings dennoch bloß schwer heran. Willy Morgan and the Curse of Bone Town möchte dies nun ein für alle Mal ändern und nimmt sich starke Anleihen an einer gewissen Serie, die sich ebenfalls rund um Piraten und deren Schatz dreht. Richtig, Monkey Island.

Genau wie Guybrush ist auch Willy während seines Abenteuers auf der Suche nach jemandem, jedoch nicht der sexy Gouverneurin von Bone Town, sondern nach seinem Vater: Vor zehn Jahren verschwunden, weiß niemand so genau was mit dem Archäologen und Piratenexperten Henry Morgan tatsächlich geschah. Umso seltsamer ist es, dass eines Tages so mir nichts dir nichts ein Brief von ihm an seinen Sohn ins Haus flattert, der den jüngeren Morgan mit einem Hinweis in das nur wenige Kilometer entfernte Piratennest lockt. Also gilt es, noch schnell im Haus der Morgans nach diversen Fahrradteilen zu suchen (belesen mag die Familie sein, von Ordnung Halten versteht sie allerdings kaum etwas) und ab geht es nach Bone Town!

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Kein Schatz ohne Schatzkarte(nteile)

Ein paar Umwege später (beim Blick auf Willys „Route“ fallen uns schon mal ein paar Gründe ein, warum sein Vater seit zehn Jahren „verschwunden“ sein könnte) finden wir uns schließlich auch in Bone Town wieder. Die Stadt wurde einst von den Nachfahren des berühmten Piratenkapitäns William Kidd gegründet und wer Pirat im Blut hat, der bleibt auch Pirat – zumindest spirituell. Die Stadt erinnert an die besten Zeiten der Seeräuber, stilecht ausgestattet mit einbruchgefährdeten Fachwerkhäusern, schlechter Hygiene und knurrenden Fieslingen, auch wenn ihre Bewohner mittlerweile – zum Großteil – weit weniger verfänglichen Berufen nachgehen.

Da hätten wir beispielsweise den hippigen Musik-Laden-Besitzer, der euch in aller Seelenruhe den Gebrauch seiner Stimmgabel erlaubt (ja, wir meinen wirklich bloß eine schlichte Stimmgabel) oder den Museumsmitarbeiter, der geradezu besessen von einem Mitglied von Kidds ehemaliger Crew ist und fanatisch dessen letztes Vermächtnis hütet, einen mysteriösen Umschlag.

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Zunächst geht es für Willy aber mal in die Kantine, wo ihn auch sogleich der standardmäßig in Piratenstädten vorgeschriebene, schlecht gelaunte Barkeeper empfängt, um hier die angebrochene Nacht zu verbringen. Außerdem weist der Brief von Henry eindeutig darauf hin, dass sich genau hier ein Hinweis zu seinem Verschwinden befinden soll, und zwar in Zimmer 9. Logischerweise buchen wir also direkt Zimmer 10. Ist ja nicht so, als hätten wir nicht versucht, Zimmer 9 zu ergattern, aber was wäre ein Point-and-Click-Adventure ohne Probleme, die gelöst werden müssen.

Das bringt uns auch gleich zum wenig überraschenden Hauptaspekt des Gameplays: den Rätseln. Wie jeder Genre-Vertreter, lebt auch Willy Morgan and the Curse of Bone Town von den Puzzles und Hindernissen, die der junge Morgan mittels aufgesammelter und kombinierter Gegenstände sowie geschickt geführter Gespräche lösen muss. Das Schöne daran: Alles macht Sinn. Allzu oft muss man in Point-and-Click-Adventures auf die verrücktesten Kombinationen kommen, nur um noch verrücktere Dinge auszulösen, und obwohl dies durchaus mit witzigen Aha-Momenten verbunden sein kann, frustriert es dann doch ein wenig, wenn die Lösung so absurd ist, dass man mit bloßem Nachdenken und logischem Schlussfolgern nicht weiterkommt. Bei Willy Morgan and the Curse of Bone Town findet sich nichts dergleichen: Jede Aufgabe kann sinnvoll gelöst werden und dennoch bleibt alles spannend mit so manchem humorvollem Moment.

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Eine kleine (bis größere) Schattenseite am Puzzle-Design des Titels gibt es aber dennoch: Die Tatsache, wie „optimiert“ und im Endeffekt doch simpel sich alles gestaltet. Was frühere Titel, insbesondere die genialen Adventures von LucasArts, erst so richtig fordernd gemacht hat, waren ihre verworrenen Rätselpfade: Beim ersten Lauf durch die Umgebungen sammelte man so in erster Linie mal Probleme samt möglicher Ideen, diese zu lösen. Hatte man dann erst einen guten Haufen davon beisammen – keine Aufgabe noch tatsächlich gelöst –, ging es daran, ein Hindernis nach dem anderen aus dem Weg zu räumen, um dann dadurch neue Gegenstände zu bekommen, die wiederum zum Fortschreiten in anderen Pfaden notwendig waren. In Willy Morgan and the Curse of Bone Town werdet ihr kurz nach eurem doch folgenden Besuch in Zimmer 10 schließlich auf klassische Pfade geschickt: Findet acht versteckte Kartenteile. Allerdings kann hier, im Gegensatz zu beispielsweise Guybrushs Suche nach dessen Kartenteilen, jedes davon in einer eigenen Quasi-Rätselreihe gefunden werden, ohne notwendiges Fortschreiten in anderen Pfaden. Zudem bedürfen die meisten von ihnen auch nur wenige simple Schritte, bis das entsprechende Kartenteil in Willys Händen landet.

Prinzipiell ist daran nichts auszusetzen, Spiele dieser Tage sind bekanntlich generell weit weniger fordernd, als sie das vor 25 Jahren und mehr waren, dennoch wünscht man sich als Genre-Veteran, alles wäre ein klein wenig komplexer, verstrickter und zumindest nicht so offensichtlich wie „Finde Blume, die offen zugänglich drei Bildschirme weiter wächst“. So verbringt man den Großteil der Zeit nämlich leider bloß mit Herumklicken und weniger mit tatsächlichem Rätseln, was ein wenig schade ist.

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Seeräuber mit Stil

Trotz des zu einfachen Rätseldesigns macht Willy Morgan and the Curse of Bone Town jedoch Spaß, und eines steht fest: Der Titel sieht super aus. Bone Town und der Rest der Orte präsentieren sich dabei in gezeichneten, teils aber auch schon fast photorealistisch wirkenden Pseudo-3D-Umgebungen, während die Charaktere selbst in tatsächlichem 3D durch die Piratenstadt laufen. Der Unterschied kreiert einen gewissen Bruch zwischen den Figuren und ihrer Welt, fällt jedoch nicht negativ auf. Stattdessen freut man sich über die überzeichneten Charakterdesigns, vor allem aber über die detailreichen Hintergründe, die Retro-Feeling aufkommen lassen.

Der Soundtrack setzt sich aus netten Hintergrundmelodien zusammen, die das Setting schön einfangen und untermalen. Alle Gespräche sind zudem durchgehend englisch vertont, während ihr wahlweise deutsche oder englische Bildschirmtexte hinzuschalten dürft. Die Sprecher leisten dabei im gesamten Spiel solide Arbeit, einige besonders positiv auffallende Stimmen inklusive.

Je nach Genre-Erfahrung endet das Abenteuer nach rund drei bis vier Stunden – und zwar recht abrupt. Ob das auf eine Fortsetzung hindeutet, lässt man an dieser Stelle offen. Wir hoffen jedenfalls darauf, wünschen uns für den zweiten Teil bloß ein wenig mehr Arbeit am Herausforderungsgrad.

Hommage an die Klassiker

Willy Morgan and the Curse of Bone Town möchte in die Fußstapfen so gefeierter Klassiker wie Monkey Island treten und macht dabei auch vieles richtig, vom stilvollen Setting über witzige Anspielungen bis hin zur hübschen Präsentation. In Sachen Rätsel-Design, Story und Humor reicht der Titel dann aber doch nicht ganz an seine kultigen Vorbilder heran – vor allem die Puzzles selbst wirken oft etwas uninspiriert, und Genre-Veteranen werden während des gesamten Abenteuers kaum gefordert. Nichtsdestotrotz möchten wir Willy Morgan and the Curse of Bone Town allen Point-and-Click-Fans wärmstens ans Herz legen. Wenn in einer eventuellen Fortsetzung noch ein wenig am Komplexitätsrad gedreht wird, könnte der Serie der Sprung aufs Podest der großen Genre-Helden nämlich durchaus noch gelingen.

7.8
Grafik:
8
Sound:
8
Steuerung:
9
Story:
7
Rätseldesign:
7
Willy Morgan and the Curse of Bone Town

Willy Morgan and the Curse of Bone Town

Systeme: PC (Steam, GOG)
Getestet auf: PC (Steam)
Genre: Point-and-Click, Adventure
Entwickler / Publisher: imaginarylab / VLG Publishing, WhisperGames
Erscheinungsdatum: 11. August 2020

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