Wir befinden uns im 7. Jahrhundert vor Christus. Der junge Prinz Paris, Sohn des Priamos, entführt die schöne Helena aus den Armen ihres Ehemanns Menelaos, dem König Spartas, und nimmt sie mit in seine Heimatstadt Troja. Dies markiert den Anfang des rund zehnjährigen Krieges von Agamemnon, dem Herrscher von Mykene und Anführer der griechischen Armee, gegen die Trojaner.
Wem das jetzt klingt wie die Ilias von Homer, der irrt nicht, denn A Total War Saga: Troy nimmt sich genau dieser an. Aber keine Sorge, das Spiel wird kein griechisches Drama. Indessen bedient es sich das Spiel jedoch sehr an den Texten Homers, und zwar weit über die Sage vom Trojanischen Pferd hinaus, denn diese ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was der griechische Dichter in der Ilias in vierundzwanzig Büchern niedergeschrieben hat.
Troja muss brennen!
Das Kampagnen-Ziel ist einfach erklärt, aber um ein Vielfaches schwieriger zu erreichen: Ihr entscheidet euch zunächst für eine der beiden Seiten des Konflikts, also für die Danaer oder die Trojaner, und wählt dann einen von jeweils vier möglichen Anführern. Eure Entscheidung bestimmt euer Anfangsvolk sowie euren diplomatischen Status gegenüber anderen Fraktionen, eure Startposition sowie die Anzahl der Städte unter eurer Kontrolle. Jeder Anführer hat zudem besondere Fertigkeiten, welche von Talent, das Volk zu überreden, über das Spinnen von Intrigen gegen eigene Verbündete bis hin zur Göttlichen Gunst geht. Hinzu kommen noch spezielle, auf die jeweilige Fraktion abgestimmt Einheiten, die jeder Taktik den letzten Schliff geben. Dadurch sind manche Anführer in ihrem Schwierigkeitsgrad schwerer zu spielen als andere, es gibt aber auf jeder Seite mindestens einen leichten, normalen und schweren Charakter, sodass ihr den Herausforderungsgrad eurer Präferenz anpassen könnt.
Die Komplexität des Lebens der Bronzezeit
Etwas, das Kenner der Serie in A Total War Saga: Troy, sofort auffallen wird, ist das Fehlen der aus vorigen Titeln bekannten Stammbaum- und Abstammungs-Komponente. Diese Streichung macht den Spielfluss nun wesentlich flüssiger, würde aber im Rahmen der Story auch gar keinen Sinn machen, denn, wie eingangs erwähnt, dauerte der Trojanische Krieg bloß rund 10 Jahre, was einen Stammbaum völlig ins Absurde führen würde.
Eine weitere Veränderung erfahren die Ressourcen: Ihr habt nun Nahrung, Holz, Stein, Bronze und Gold als Rohstoffe zur Verfügung. Benötigen Einheiten in ihrer unteren Ausbildungsstufe nur Nahrung und Holz, um rekrutiert zu werden, so ist es später schon Gold und Bronze. Dies gilt auch für den Unterhalt, denn eine Armee muss auch bezahlt werden, und so können leichte Lanzenträger noch mit etwas Korn versorgt werden, wohingegen andere Einheiten weit mehr verlangen.
Um an die notwendigen Rohstoffe zu gelangen, müsst ihr eure Provinzen ausbauen, neue Areale akquirieren oder Tribut von euren Vasallen einfordern. Für jede der Ressourcen gibt es entsprechende Lager-Gebäude, wobei auch hier wieder zu beachten ist, dass nicht jeder Rohstoff überall abgebaut werden kann. Es gibt aber auch den Königlichen Erlass, der euch für eine begrenzte Anzahl an Runden Boni auf verschiedene Produktionen liefert. Und als ob die ganze Sache mit den Rohstoffen nicht schon komplex genug wäre, muss man zudem auch auf dem diplomatischen Parkett eine gute Figur machen.
Hierfür gilt es, passende Abkommen zu unterzeichnen und euch somit die Unterstützung anderer Faktionen zu sichern, denn nicht immer ist erobern der richtige Weg. Vielmehr müssen auch Bündnisse geschmiedet, aber auch besondere Vergünstigungen arrangiert werden, wie das Recht, mit Militärische Einheiten durch die Gebiete anderer Herrscher zu marschieren. Sogar die Unterwerfung eines anderen Volkes ist auf dem diplomatischen Weg möglich, wenngleich auch recht schwer erreichbar.
Eine weitere interessante Komponente sind zudem die Götter. Diese können durch Tempel, Gebete und Feiern zu ihren Ehren besänftigt und um ihre Gunst gebeten werden, was euch diverse Vorteile bringt. Doch Vorsicht: Vernachlässigt ihr die Götter oder lasst bestimmten unter ihnen mehr Aufmerksamkeit zu kommen als anderen, schmeckt das den Allmächtigen so ganz und gar nicht und sie bestrafen euch dann gerne auch mal.
Ein zurückgekehrtes Feature sind letztendlich noch die Spione, mit denen ihr andere Städte und Völker beeinflussen könnt. Leider ist dieser Einfluss aber nicht so groß, wie man sich das wünschen würde, wodurch der Nutzen sehr beschränkt ist und Spionage-Attacken eher anstrengend als gewinnbringend werden.
Attacke!
Serientypisch spielt sich A Total War Saga: Troy aber natürlich nicht nur auf der Kampagnen Karte ab, sondern auch auf der Strategiekarte – schließlich will man Vergeltung für den miesen Verrat von Paris und da sind Schlachten unvermeidbar.
Serienveteranen werden hier kaum etwas Ungewohntes entdecken, dennoch bieten die neuen Einheiten ein frisches Spielgefühl. Die erste Entscheidung, die ihr während der Auseinandersetzungen treffen müsst, ist, ob ihr überhaupt in die Schlacht ziehen wollt, denn auch der Rückzug steht euch offen. Doch seid gewarnt: Der Gegner kann euch schnell einholen und dann gibt es kein Entrinnen mehr. Damit sind die taktischen Entscheidungen vor der Schlacht aber noch nicht erledigt, denn als nächstes müsst ihr sehen, ob die Wetterbedingungen für euch passen. Es ist nicht immer ideal, bei strahlendem Sonnenschein anzugreifen, denn bei schlechter Sicht lässt sich eventuell ein perfekter Hinterhalt planen. Solltet ihr beschließen, dass das Wetter nicht passt, so könnt ihr mit dem Angriff auch einen Tag warten, und zwar insgesamt bis zu drei Mal; danach müsst ihr endgültig angreifen.
An der Präsentation der Schlachten hat sich in den letzten Jahren kaum etwas verändert und so trumpfen die Schlachten auch in Troy wieder mit vielen Details auf. Dennoch kommt alles langsam in die Jahre und könnte langsam ein wenig Politur vertragen. Typisch für A Total War Saga können die Einheiten vor Beginn der Schlacht wieder platziert werden. Besonders wichtig bei der Aufstellung ist dabei der Faktor Tarnung: Dichte Wälder verstecken so eure Einheiten vor den Augen des Gegners, sodass ihm diese dann zu gegebener Zeit in den Rücken zu fallen können.
Zum Sieg verhelfen euch weiters auch die unterschiedlichen Fähigkeiten eures Helden, die euren Einheiten für kurze Zeit Buffs oder Debuffs liefern. Ansonsten steuert sich die Schlacht Genre-typisch in Echtzeit, und solltet ihr mal keine Lust haben, eine Schlacht selbst zu bestreiten, so könnt ihr diese auch automatisch ablaufen lassen. Eure Erfolgschancen hängen dann sehr stark vom Kräfteverhältnis ab, während ihr in selbst geführten Auseinandersetzungen durch euer taktisches Geschick selbst eine sicher geglaubte Niederlage mitunter noch in einen fulminanten Sieg umwandeln könnt.
Nacherzählte Geschichte ohne viel Neues
A Total War Saga: Troy ist ein weiterer gelungener Teil in der Total War Saga Reihe und wird Serienveteranen deshalb auch keinesfalls enttäuschen. Gleichzeitig bietet das Spiel aber auch nichts großartiges Neues. Zwar gibt es Anpassungen bei der Handhabung der Ressourcen und auch das Setting in der Bronzezeit bietet neue taktische Features, dennoch fehlt langsam ein wenig tatsächlicher frischer Wind in der Reihe. Die Story ist immerhin solide, die Einheiten und Szenarien gefallen und auch die Atmosphäre stimmt. Alles in allem erhält man mit A Total War Saga: Troy also ein Rundum-sorglos-Paket in Spielform, bei dem einen keinerlei großartige Überraschungen erwarten, weder positive noch negative. Das Fehlen eines Multiplayers ist für mich übrigens das insgesamt größte Manko am Spiel, denn gerade im hier gebotenen Setting, während das Kriegs von Troja, hätte ich gerne die Interaktion mit Freund und Feind gehabt, um das antike Griechenland das Fürchten zu lehren. Wer bereits Fan der Serie ist, kommt hier voll auf seine Kosten; Neueinsteiger sind ebenfalls gut aufgehoben, müssen aber ein wenig Geduld mitbringen und sollten sich nicht an der doch schon etwas in die Jahre gekommenen Engine stören.
A Total War Saga: Troy
Systeme: PC (Steam/Epic)
Genre: Echtzeit-Strategie, Wirtschaftssimulation
Entwickler / Publisher: Creative Assembly, Feral Interactive/ SEGA, Feral Interactive
Erscheinungsdatum: 13. August 2020
Der Bastler, der Techniker, der Zocker – In die goldene Zeit des Videospiels hinein geboren, ließ ihm die Technik in und um Videospiele keine ruhige Minute mehr. Dies führte zu vielen hingebungsvollen Stunden voller Spaß, Frust und Leidenschaft. Durch glückliche Fügungen stolperte er in den Games Journalismus, wodurch es ihm ermöglicht wird diese Erfahrungen weiter zu geben.