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Review: Beyond A Steel Sky im Test

Beyond A Steel Sky Review von Unaltered Magazine

Wenn ich an die Spiele meiner Teenager-Jahre denke, dann befindet sich darunter auch eine ganz besondere Point&Click-Perle: Beneath A Steel Sky. Die Abenteuer von Robert Foster aka Overmann und seinem treuen Roboter Joey, die sich im Kampf gegen die künstliche Intelligenz LINC von den industriellen Höhen Union Citys bis in deren tiefsten Untergrund rätseln mussten, zählt bis heute zu meinen allerliebsten Spielen und nie und nimmer hätte ich damit gerechnet, 26 Jahre nach dessen ursprünglichem Release tatsächlich eine Fortsetzung zu bekommen. So kann man sich irren …

Missing LINC

Gleich vorweg: Es ist nicht unbedingt notwendig, Beneath A Steel Sky gespielt zu haben, um Beyond A Steel Sky verstehen und genießen zu können, es empfiehlt sich jedoch sehr – und da der Titel schon seit Längerem kostenlos auf GOG verfügbar ist, gibt es auch wirklich absolut keinen Grund, ihn nicht zu spielen. Wer dennoch lieber die Kurzfassung der Story von Teil eins lesen möchte, findet sie im Folgenden – alle anderen springen am besten gleich zum nächsten Absatz.

(Achtung, Spoiler zu Beneath A Steel Sky!)
Robert Foster lebt in der Gap, der Wüste rund um eine der wenigen Städte der Welt, Union City. Während die Bürger der Stadt die Gap und ihre Bewohner als wild und unzivilisiert ansieht, gibt es in der Gap laute Gerüchte darüber, dass in der Stadt selbst das Böse lebt. Robert steht zwischen den Welten: Als Junge stürzte er mitsamt seiner Mutter in einem Helikopter des Sicherheitsbüros von Union City in der Gap ab und nur er überlebte. Einer der dortigen Stämme nahm ihn daraufhin auf und zog ihn groß. Robert lernte, Maschinenteile zu sammeln und daraus Roboter zu bauen – seine stolzeste Kreation: Joey, der fortan sein bester Freund wurde. Jahre später findet sich erneut ein Helikopter des Sicherheitsbüros in der Gap – und auch diesmal endet der Besuch nicht gut für Robert. Sein Stamm wird ausradiert, er selbst gefangen genommen, und nur das Motherboard seines Robo-Kumpels bleibt ihm. Bei der Rückkehr in die Stadt stürzt der Heli ab – Roberts Vergangenheit wiederholt sich, und glücklicherweise überlebt er wiederum. Doch nun heißt es, herauszufinden, warum man ihn überhaupt in die Stadt gebracht hatte – und wer dieser Overmann ist, mit dem ihn alle in Verbindung bringen. Ein paar mithilfe von Joey im Körper diverser Roboterhüllen (darunter ein Staubsauger) gemeisterte Rätselstunden später ist Robert um Einiges schlauer: Seine Entführung ist der künstlichen Intelligenz zuzuschreiben, die die gesamte Stadt leitet: LINC, ein missglücktes Experiment, das menschliche mit künstlicher Intelligenz verbinden sollte, um die Menschheit zu neuer Glorie zu führen, dabei jedoch überschnappte und beschloss, dass es besser wäre, die Menschheit gleich durch eine neue Zivilisation aus Androiden zu ersetzen. Der Mann, der sich für LINC verantwortlich zeichnet: Overmann, Richard Overmann – Roberts Vater. Um LINC aufzuhalten, muss Robert von den höchsten Höhen Union Citys – der schmutzigen Industrieebene – bis zum Boden gelangen, wo die Reichen inmitten grüner Parks und luxuriöser Apartments leben. Und sogar noch tiefer, denn die biomechanische Kreatur LINC hat sich – gemeinsam mit ein paar Tentakelmonstern – inmitten der alten U-Bahn-Systeme der vorigen Zivilisation eingenistet. Dort trifft Robert schließlich auch auf seinen Papa, seit Jahren versklavt von LINC, der nun auch endlich seine wahren Motive enthüllt: Richard Overmann ist alt und braucht einen Ersatz, menschlichen Ersatz, der am besten genetisch möglichst ähnlich ist: sein Sohn. Im letzten Moment springt jedoch Joey, durch diverse Umstände von seinem Motherboard in einen einarmigen Androidenkörper kopiert, ein und nimmt Roberts vorgesehenen Platz am Overmann-Stuhl ein. Er unterwirft LINC, übernimmt dessen Führung über Union City und verspricht Robert, die Leute dort glücklich zu machen. Robert macht sich indessen auf seinen Rückweg in die Gap – sein Zuhause.

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Re-Union

Beyond A Steel Sky beginnt zehn Jahre nach Ende von Beneath A Steel Sky. Robert ist zurück in der Gap, hat einen neuen Stamm gefunden und lebt dort friedlich und glücklich, die Ereignisse seines Abenteuers in Union City längst hinter sich gelassen. Ein abendlicher Angelausflug mit Freunden ändert dies jedoch schlagartig: Milo, der Sohn von Roberts bestem Freund, wird von einer seltsamen vierbeinigen Maschine entführt und nur Robert hat den Mut, ihr zu folgen. Ihre Spuren führen ihn direkt vor die Tore Union Citys – Gerüchten zufolge nun dank Joey dem Retter ein Ort des Reichtums und Überflusses, in dem Menschen aller Ebenen glücklich und in Frieden leben. Doch wie passen entführte Kinder und dieses angebliche Paradies zusammen? Zeit, Union City – und Joey – einen lange überfälligen Besuch abzustatten …

Beim ersten Blick auf Beyond A Steel Sky wird schnell klar: Das Spielprinzip wurde gehörig überarbeitet. Der Titel folgt im Grunde immer noch den klassischen Point&Click-Prinzipien: Ihr erkundet Umgebungen, führt Gespräche, sammelt Gegenstände auf und benutzt diese mit anderen Dingen. Anstatt durch Pseudo-3D- oder gar 2D-Umgebungen bewegt ihr euch mit Foster diesmal jedoch durch eine tatsächlich dreidimensionale Welt in comichafter Cel-Shading-Optik. Gelaufen wird somit per WASD-Steuerung (haltet ihr die Shift-Taste, wechselt Foster von gehen zu joggen), während ihr mittels Mausklicks mit eurer Umwelt interagiert. Die Befehle sind dabei von Haus aus begrenzt: Vieles kann lediglich betrachtet werden; wo der Einsatz von Gegenständen möglich ist, wird der Inventar-Befehl eingeblendet. Auch hier sind die meisten Gegenstände ausgegraut. Das alles sorgt dafür, dass ihr euch unnötiges Herumgeklicke, um wild nach neuen Kombinationsmöglichen zu suchen, im Spiel erspart; ist eine Aktion nicht möglich, dann kann sie üblicherweise gar nicht erst gestartet werden.

In Dialogen mit anderen Charakteren seht ihr indessen mehrere Themen, die ihr ansprechen könnt, oft auch mehrmals, um das Gespräch in andere Richtungen zu führen. Themen, bei denen sich nichts Neues mehr aus eurem Gegenüber herauslocken lässt, werden ausgegraut oder verschwinden gleich ganz aus der Auswahl.

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Nun könntet ihr euch berechtigterweise fragen, ob diese Vereinfachungen nicht dazu führen, dass der Titel viel zu leicht wird – aber hier können wir beruhigen. Im ersten Kapitel von Beyond A Steel Sky erhaltet ihr nämlich einen ganz besonderen Gegenstand, der für den Rest des Spiels der zentrale Dreh- und Angelpunkt vieler Rätsel sein wird: euren Scanner. Das ehemalige LINC-Netzwerk Union Citys wurde nach der Übernahme von Joey dem Retter durch das neue und verbesserte MINOS-System ersetzt, das so gut wie alle Belange der Stadt fest in der Hand hat. Nun, zumindest bis jemand mit einem gehackten MINOS-Scanner auftaucht und für ordentlich Chaos sorgt… jemand wie ihr.

Mit eurem Scanner könnt ihr jederzeit per rechter Maustaste in die diversen Geräte und Gadgets Union Citys eingreifen und dort Funktionen herumschieben – und zwar nicht nur innerhalb eines Systems, sondern auch zwischen diesen. So tauscht ihr beispielsweise ein „Tür öffnen bei gültiger ID“ und „Eintritt ablehnen bei ungültiger ID“ gegen ein „Tür öffnen bei ungültiger ID“ und „Eintritt ablehnen bei gültiger ID“, um Bereiche zu erkunden, die ihr eigentlich gar nicht betreten dürftet. Oder ihr lasst friedvolle Androidenarme auf ihre Fans losgehen, indem ihr ihre Gemütskomponente von „ruhig“ gegen „aggressiv“ austauscht. Die Rätselstruktur bleibt damit angenehm fordernd, verlagert sich aber teils vom klassischen Item-Kombinieren hin zu geschickten Hacking-Angriffen, die euch ebenso Kombinationsgabe abverlangen.

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Déja-vu

3D in Point&Clicks ist an sich nichts Neues – Monkey Island 4, Simon the Sorcerer 3 … so manche Reihe hat es versucht und musste feststellen, dass die Idee vielleicht im Ansatz gut war, in der Durchführung aber doch nicht ganz so grandios funktionierte. Zwei Jahrzehnte später hat man dann scheinbar doch dazu gelernt, denn Beyond A Steel Skys Steuerung funktioniert trotz einiger Schwächen im Allgemeinen sehr gut. Das Auswählen von Befehlen und Gegenständen, die Bedienung des Scanners und seines Hacker-Interfaces, das Herumlaufen via Tastatur samt Kamerabewegung mittels Maus – alles ist intuitiv umgesetzt. Gelegentliche Probleme gibt es allerdings mit den vielen NPCs, die die Spielwelt zwar wunderbar lebendig wirken lassen, dabei allerdings nicht zu selten schlicht im Weg stehen. Ab und an kam es während meines Testspiels zudem vor, dass ich Gegenstände aktivierte und Foster dann erst eine Ehrenrunde in der Umgebung drehte, bevor er sich, gefühlte zwei Zentimeter neben seinem ursprünglichen Standort, wieder in Position brachte, um endlich mit dem entsprechenden Ding zu interagieren. An einem der In-Game-Orte lief er sogar zwei Mal ans komplett andere Ende der recht großen Map, um einen Hotspot, der von mehreren Stellen zugänglich ist, vom jeweils anderen zu „betrachten“. Im Schritttempo und ohne Möglichkeit, die Aktion abzubrechen. Solche etwas frustrierenden Momente waren aber glücklicherweise äußerst selten während der doch knapp zehn bis zwölf Stunden langen Story.

In Sachen Grafik, Sound wie auch Dialogen und Story trumpft Beyond a Steel Sky dafür auf voller Länge. Die Umgebungen fangen die gewohnte Union City Atmosphäre perfekt ein, lassen die Stadt aber dennoch – der Geschichte entsprechend – in komplett neuem Gewand erstrahlen. Das (englische) Voice Action ist durch die Bank großartig, und wer möchte, der darf zu den englischen Stimmen auch deutsche Untertitel und Bildschirmtexte schalten. In Sachen Soundtrack hören wir hier jede Menge wundervoll passende neue Melodien, aber auch bekannte Klänge aus Beneath A Steel Sky, die nostalgische Erinnerungen aufkeimen lassen.

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Und wo wir gerade bei Nostalgie sind: Einer der größten Pluspunkte von Beyond A Steel Sky sind auch die unzähligen Anspielungen an das Original sowie andere bekannte Titel der 90er: Von der eindrucksvollen Skulptur, die ihr direkt vor den Toren der Stadt (wieder) antrefft, über so manchen bekannten Charakter bis hin zu einem eigenen Museum, das euch die wichtigsten Orte und Ereignisse des ersten Teils als Geschichte in der Spielwelt präsentiert, werden Kenner und Fans des Originalspiels hier ein Easter Egg nach dem anderen entdecken – immerhin stecken hinter Beyond A Steel Sky dieselben Macher (samt Team-Zuwachs), die sich 1994 auch für Beneath A Steel Sky verantwortlich zeichneten (neben Titeln wie Baphomets Fluch).

Ein Fest für Abenteuer- und Serien-Fans

Nach langen Jahren die Fortsetzung eines unter Fans heiß geliebten Spiels zu veröffentlichen – noch dazu, wenn man dabei auch das Gameplay komplett überholt – ist riskant, im Fall von Beyond A Steel Sky aber eindeutig bestens gelungen. Der Titel setzt in Sachen Story an die großartige Geschichte von Teil eins an und gibt sich auch im Sequel keinerlei Blöße. Grafisch sieht das Spiel, bis auf kleinere Clipping-Fehler, fantastisch aus und auch beim Voice Acting und Sound gibt es nichts zu meckern. Der einzige kleine Minuspunkt liegt in der Steuerung, die an manchen Stellen noch ein wenig Nachbesserung vertragen hätte. Dafür dürfen sich Fans des ersten Teils auf eine ganze Flut an wunderbar eingebauten Anspielungen und Seitenhieben auf Beneath A Steel Sky freuen – und natürlich auf ein Wiedersehen mit damals liebgewonnenen Charakteren. Von mir gibt es für die PC-Version von Beyond A Steel Sky somit eine eindeutige Empfehlung, insbesondere für Fans des Originals.

8.8
Grafik:
9
Sound:
9
Steuerung:
8
Story:
9
Beyond A Steel Sky

Beyond A Steel Sky

System: PC (Steam)
Genre: Point&Click, Adventure
Getestet auf: PC Intel Core i7-8700K, 32GB RAM, GeForce RTX 2080 (höchste Grafikeinstellungen) - powered by HI-TECH
Entwickler/Publisher: Revolution Software
Erscheinungsdatum: 16. Juli 2020

Zur Spieleseite auf Steam!

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