Richtig gute Survival-Horror-Games brauchen vor allem drei Dinge: das ständige Gefühl, in Gefahr zu sein, ein Setting mit Gänsehaut-Faktor und ein Gameplay, das das Gruseln auf die Atmosphäre beschränkt. Maid of Sker kann dabei zumindest in Sachen Setting schon mal den Haken setzen und präsentiert uns eine musikalische Geschichte rund um die schaurigsten Mythen von Wales.
Alles aus Liebe
Maid of Sker startet mit einer kurzen Intro-Sequenz, die uns verrät, dass wir im Spiel in die Fußstapfen des jungen Musikers Thomas Evans schlüpfen, dessen Geliebte Elisabeth sich mit einer schaurigen Bitte an ihn wendet: Das Hotel, das ihre Familie leitet, ist Ort schrecklicher Ereignisse geworden und nur ihr und eure Musik könnt sie retten. Also begebt ihr euch per Zug an die Küste von Wales, um genau das zu tun.
Dort angekommen, stellt ihr fest, dass eine mysteriöse Melodie dafür gesorgt hat, dass sowohl Elisabeths Familie wie auch alle Angestellten des Hotels zu blinden Monstern geworden sind, die jedoch umso sensibler auf Geräusche reagieren. Elisabeth selbst versteckt sich indessen am Dachboden des Hotels, bis ihr es schafft, dem Unheil ein Ende zu bereiten. Was es dafür benötigt? Vier Musik-Zylinder, ein paar Notenblätter und viel Geduld.
Stealth-Horror
Das Konzept hinter Maid of Sker ist simpel: Ihr schleicht durch die Gänge, Gründe und Räume des monsterbewohnten Hotels und müsst dabei diverse Gegenstände finden, um neue Bereiche zu öffnen, Mechanismen zu starten und letztendlich die Story voranzutreiben. Erschwert wird dies durch die vorhin genannten Angestellten-nun-Monster, die zu Beginn des Geschehens noch sehr vereinzelt auftauchen, mit zunehmendem Story-Verlauf jedoch an so gut wie jeder Ecke, oft gleich zu mehrt, anzutreffen sind. Und hier kommt auch schon eure Hauptbeschäftigung ins Spiel: schleichen.
Wie bereits erwähnt, sind die gruseligen Bewohner des Sker Hotels allesamt blind, können euch beim kleinsten Geräusch jedoch aufspüren und verfolgen euch dann hartnäckig, bis ihr sie entweder abschüttelt oder mittels Sound-Waffe für kurze Zeit unschädlich macht. Um möglichst leise zu sein, kann Thomas im Spiel die Luft anhalten – nicht nur, um nicht aufgrund seiner Atemgeräusche entdeckt zu werden, sondern auch, um beim Passieren rauchiger Passagen nicht zu husten.
Die Idee hinter all dem ist klar und spannend, die Umsetzung lässt jedoch manchmal ein wenig wundern: Zum einen können Atemgeräusche die blinden Monster alarmieren, gleichzeitig könnt ihr aber in unmittelbarer Nähe neben ihnen vorbeigehen, ohne dass eure Schrittgeräusche sie aufhorchen lassen würden. Manche Tore alarmieren sie quietschend, andere Dinge, wie sich klackend öffnende Türen, läutende Telefone oder Gespräche, die ihr darauf führt, lassen sie komplett kalt. Hier fehlt ein wenig die Konsequenz. Nach einiger Spielzeit hat man allerdings zumindest raus, was man den Ohren seiner Verfolger zumuten kann und was sie direkt zum Angriff übergehen lässt.
Gut Ding braucht Weile
… insbesondere im Fall von Maid of Sker. Das Spiel selbst mag nicht sonderlich lange sein – geübte Schleicher können den Titel durchaus in vier bis fünf Stunden durchspielen –, während eurer Erkundungstouren im und um das Hotel werdet ihr euch allerdings sehr oft wünschen, Thomas würde zumindest ein klein wenig schneller durch die Gegend laufen, ohne dass man den eigentlichen Lauf-Modus aktivieren muss, der bereits nach wenigen Schritten in asthmatisch lautem Gekeuche resultiert.
Ebenso wird das simple Durchqueren des Hotels mit zunehmendem Spielverlauf mühsamer: Immer mehr Masken-Männer, die euch meucheln wollen, bedeutet auch immer mehr Umwege, um ihnen zu entgehen, oder Wartezeiten, bis sie endlich an euch vorbeigetorkelt sind. Wenn ihr nun aber schon wisst, wo es hin soll, womöglich auch schon zum vierten Mal denselben Weg ablauft, und somit schlicht von einem Ende der Karte ans andere wollt, wo es mit dem soeben gefundenen Schlüssel/Item nun endlich weitergeht, wird aus der Herausforderung, nicht entdeckt zu werden, leider bloß noch mühseliges Wiederholen derselben langwierigen Wartereien und Schleichereien.
Erschwerend kommt hinzu, dass Maid of Sker durchwegs sehr dunkel gehalten ist, selbst wenn man die Helligkeit hochdreht, und man so vieles nicht gleich sieht – die Monster-Angestellten inklusive. Trial und Error bzw. Backtracking sind somit unvermeidbar und können durch die oben genannten Punkte ab und an frustrieren.
Ein kleiner persönlicher Minus-Punkt, der ebenfalls negativ auffiel: Die X-Achse der Kamera lässt sich nicht invertieren. In einem Spiel, in dem es ununterbrochen darauf ankommt, den Überblick über seine Umgebung zu bewahren, kann das Spieler wie mich, die prinzipiell immer mit invertierter Kamera spielen, zur Weißglut treiben.
Licht im Dunkeln
Trotz all der eben genannten Umsetzungs-Schwächen hat Maid of Sker aber dennoch auch viel Positives zu bieten. Die Atmosphäre ist angenehm unheimlich – wenngleich nie wirklich furchteinflößend – und wird vom subtilen Soundtrack ideal untermalt. Passend zum Spielkonzept sind zudem auch die Soundeffekte durchwegs sehr schön umgesetzt.
Grafisch bietet der Titel zwar nichts Außergewöhnliches und so manche Textur ist beim näheren Hinblicken auch etwas verwaschen, die Umgebungen sind jedoch stimmungsvoll gestaltet und vermitteln richtiges Gothic-Feeling – wie man sich das von einem übernatürlich beeinflussten Anwesen im 19. Jahrhundert eben wünscht.
Spannend ist auch die Story, die euch nach und nach in Form von gefundenen Notizen und Aufzeichnungen, die ihr beim Speichern an Grammophonen zu hören bekommt, erzählt wird. Maid of Sker liefert euch zudem zwei unterschiedliche Enden, ein „gutes“ sowie ein „schlechtes“. Welches euch erwartet, hängt allerdings lediglich von einer einzigen Entscheidung am Ende des Spiels ab. Wer auf hohen Wiederspielwert hofft, muss diesen also in den drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden finden.
Atmosphärischer Stealth-Horror für Genre-Fans
Von den eingangs erwähnten drei Punkten, die jeder Survival-Horror-Titel haben muss, hakt Maid of Sker für mich zwei sofort ab: das Setting mit Gänsehaut-Faktor und das stetige Gefühl, in Gefahr zu sein. Das Gameplay hinkt indessen ein wenig hinterher, vom inkonsequenten Umgang mit Geräuschen als Gefahrenquelle über die teils mühsame Fortbewegung bis hin zu kleinen Steuerungs-Versäumnissen mit großer (frustrierender) Wirkung. Nichtsdestotrotz zieht einen Maid of Horror mit seiner Atmosphäre und auf walisischen Legenden basierenden Story schnell in den Bann. Begeisterte Genre-Fans werden dem Titel trotz seiner Schwächen mit Sicherheit viel abgewinnen können, wer lediglich auf der Suche nach ein wenig Gänsehaut ist, der schaut sich vor dem Kauf am besten noch ein wenig Gameplay an und entscheidet dann.
Maid of Sker
Systeme: PC (Steam), PS4, Xbox One
Getestet auf: PS4
Genre: Survival-Horror, Adventure
Entwickler / Publisher: Wales Interactive
Erscheinungsdatum: 28. Juli 2020
Kira arbeitet bereits seit 2004 für diverse Videospiel- und Entertainment-Magazine, darunter auch die ehemaligen Printmagazine von Gamers.at und consol.at. Leidenschaftliche Zockerin ist sie allerdings schon seit dem Atari 2600 und sie kann sich auch nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird.