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Review: Life is Strange: True Colors im Test

LIS True Colors im Test - Review von Unaltered Magazine - banner

Im neuesten Ableger der LIS-Serie, Life is Strange: True Colors, stehen große Gefühle im Mittelpunkt des Geschehens, dreht sich diesmal doch alles um die junge Alex, die die Emotionen ihrer Mitmenschen nicht nur lesen, sondern wie ihre eigenen selbst erleben und sogar beeinflussen kann.

Acht Jahre ist es zu Beginn von Life is Strange: True Colors her, seit Alex ihren älteren Bruder Gabe das letzte Mal gesehen hat, nachdem sie als Kinder ihre Eltern verloren und in unterschiedliche Pflegestellen kamen. Nach einer Einladung von Gabe, mit ihm in seine neue Heimat, das idyllische Berg- und Minenarbeiterstädtchen Haven, zu ziehen, beginnt für Alex ein neuer Lebensabschnitt – und zunächst scheint alles so gut wie lange nicht: Das blumengeschmückte, sonnige Haven könnte schöner nicht sein, die ersten Treffen mit seinen Bewohnern lassen auf eine positive, unterstützende Community schließen, und auch mit Gabes Freundin Charlotte und ihrem Sohn Ethan läuft es bestens. Doch dann gerät alles aus dem Ruder: Während eines Unfalls in den Bergen kommt Gabe ums Leben und Alex findet sich nicht nur alleine in einer Stadt voller beinahe Fremder wieder, sondern muss obendrein auch noch den wahren Gründen hinter Gabes Tod auf die Schliche kommen.

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Auch wenn die Suche nach den Verantwortlichen hinter Gabes Tod den zentralen Plot ausmacht, lebt Life is Strange: True Colors tatsächlich nicht von großen Mysterien oder komplexen Intrigen. Vielmehr dient das Ereignis als Trigger, um Alex dazu bewegen, sich mit ihren eigenen Gefühlen sowie ihren empathischen Fähigkeiten auseinander zu setzen. Und was wäre Life is Strange ohne jede Menge Emotion und Drückern auf die Tränendrüsen? So verbringt ihr die meiste Zeit eures Abenteuers in Haven damit, die kleinen und größeren Geschichten ihrer Bewohner kennenzulernen und ihnen nicht zu selten dabei zu helfen, mit ihren eigenen Gefühlen klarzukommen, um so letzten Endes auch zu euch selbst zu finden. Dabei muss sich Alex immer wieder die Frage stellen, ob es letztendlich richtiger ist, Geheimnisse für sich zu behalten oder diese zum vermeintlichen Wohl der Betroffenen ans Licht zu bringen.

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Gameplaytechnisch funktioniert das alles wie bereits in den vorherigen Teilen der Serie: In Walking-Simulator-Manier bewegt ihr euch durch die Welt, betrachtet eure Umgebung und die Leute darin, führt Konversationen und trefft Dialog- und andere Entscheidungen. Einige davon beeinflussen bloß das jeweilige Gespräch oder wie viele Hintergrundinfos ihr erhaltet, andere verändern den gesamten Lauf der Story und können dazu führen, dass bestimmte Charaktere in folgenden Szenen mit oder eben nicht mit dabei sind bzw. sie euch freundlicher oder weniger freundlich gesinnt sind. Bei den Dialogen und Entscheidungen helfen euch immer wieder Einblicke, die ihr mit eurer Empathie-Fähigkeit erhaltet: Seht ihr über Charakteren einen leuchtenden Punkt, könnt ihr die Gedanken und Gefühle der jeweiligen Person lesen. Teils kommen so neue Dialogoptionen hinzu, teils erhaltet ihr dadurch die Möglichkeit, andere gezielt zu beeinflussen. So könnt ihr beispielsweise dafür sorgen, dass ein besorgter Hundebesitzer seine Fellnase wiederfindet, einer Vogelfreundin zu einem besonderen Schnappschuss verhelfen oder zwei verplante Turteltauben dabei unterstützen, zueinander zu finden.

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An einigen Punkten in der Story, werden eure Empathiefähigkeiten zudem besonders wichtig. Hier gilt es dann mithilfe von Alex‘ Superkraft nicht nur die aktuellen Gefühlsregungen und Gedanken anderer Leute zu lesen, sondern die gesamte Welt aus deren Augen zu sehen. So wird aus einem Park schnell mal ein Fantasy-Reich mit mystischer Kathedrale und Monstern oder aus einer sonnigen Bergwiese eine dahinbröckelnde Höllenlandschaft. Über Gegenstände, die von den entsprechenden Leuten berührt wurden, kann Alex während dieser Abschnitte auch kürzlich Vergangenes bzw. besonders tiefliegende Gefühle sehen und so herausfinden, was in den Köpfen und Herzen der Bewohner Havens tatsächlich vorgeht. Diese Empathie-Sequenzen stellen die Action-Einlagen des Titels dar, fordern von euch zwar weder schnelle Reflexe noch große Geistesleistungen beim Lösen kniffliger Rätsel, sind jedoch emotional sowie audiovisuell sehr gut umgesetzt und damit alles andere als langweilig. Generell erwarten euch in Life is Strange: True Colors serientypisch eher Introspektiven und berührende Momente als actionreiche Herausforderungen. Das macht aber überhaupt nichts. Die bewährte Formel funktioniert seit Teil 1 hervorragend und schwingt sich in True Colors sogar zu neuer Höchstform auf.

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Anders als seine Vorgänger wird Life is Strange: True Colors diesmal indessen nicht mehr von Dontnod entwickelt, sondern von Deck Nine, die sich auch schon für Before the Storm verantwortlich zeigten. Das LIS1-Prequel ist zugegebenermaßen mein letztliebster LIS-Teil, meine daher kommende Skepsis ob True Colors war jedoch eindeutig unbegründet. True Colors wurde zudem nicht wie die vorangegangenen Teile in Episoden veröffentlicht, sondern direkt als gesamtes Spiel, was dem Storyfluss guttut. Der Titel ist dennoch aufgeteilt in fünf Kapitel, nach denen ihr, wie gewohnt, einen Überblick über eure Entscheidungen sowie die weiteren möglichen Wege und die Entscheidungen anderer Spieler bzw. eurer Freunde findet. Persönlich hatte ich dabei auch den Eindruck, dass die Konsequenzen eurer Handlungen im aktuellen Titel stärkere Auswirkungen auf die Story hatten als in vorigen Ablegern, was nicht nur das Spielgefühl verbessert, sondern auch den Wiederspielwert noch mal erhöht, da sich Szenen und Geschehnisse stärker unterscheiden.

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Last but not least soll natürlich auch die Präsentation erwähnt werden. Einmal mehr bekommen wir in Life is Strange: True Colors Aquarell-hafte, kontrastreiche Umgebungen geboten, die das ohnehin schon wunderschöne Haven und seine Bewohner diesmal ganz besonders strahlen lassen und alles beinahe in Traumstimmung tauchen. Auf der Negativseite stehen teilweise etwas unpassende oder zu emotionslose Gesichtsausdrücke, die vor allem bei Alex auffallen, oder Assets, die nicht geladen werden (hallo, unsichtbare Katze). Den Spielspaß trüben diese kleinen Patzer aber nur unmerklich. Ein richtiges Highlight ist indessen der Soundtrack des Spiels, der auch diesmal aus einer Mischung aus lizenzierten sowie originalen Songs besteht. Zu den ersteren gehören unter anderem eine von Alex auf Gitarre performte Version von mxmtoons Creep sowie Songs von Dido (Thank You), Kings of Leon (Don’t Matter) oder Gabrielle Aplin (Home). Die originalen Songs stammen von Angus & Julia Stone und reihen sich nahtlos in die großartige Tracklist der Reihe ein.

Farbenfrohe Gefühlswelten

Das Konzept der gesamten Life is Strange-Reihe, übernatürliche Fähigkeiten zu nutzen, um alltägliche Probleme und Gefühle mit jeder Menge Emotion und Tiefgang aufzuarbeiten, funktioniert auch im jüngsten Ableger der Serie unglaublich gut. Das idyllische Städtchen Haven ist mit seinen bunten Blumen und seiner freundlichen Atmosphäre mein bislang liebster LIS-Schauplatz, und auch Alex und die restlichen Bewohner des Städtchens konnten während des Spiels im Nu mein Herz erobern. Zwischen all ihren individuellen Schicksalen und Geschichten, scheint die zentrale Story rund um Gabes mysteriösen Tod samt etwas fragwürdigem Ende schon beinahe ernüchternd – das macht aber überhaupt nichts. In Life is Strange: True Colors geht es eben einmal mehr nicht um das Offensichtliche, sondern um all jene Dinge, die man bloß zwischen den Zeilen lesen kann, die hinter der Fassade am Werk sind und die das Leben und die Menschen, die man darin trifft, erst so richtig interessant und vielfältig machen.

8.8
Grafik:
8
Sound:
10
Story:
8
Handling:
9
Life is Strange: True Colors

Life is Strange: True Colors

Systeme: PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X|S, PC, Google Stadia, Switch (erscheint im Dez.)
Getestet auf: PC (Steam)
Genre: Walking-Simulator, Abenteuer
Entwickler / Publisher: Deck Nine / Square Enix
Erscheinungsdatum: 10. September 2021

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