Wer viel Fantasy liest, dem ist dabei womöglich schon aufgefallen, dass einem dabei die immergleichen Themen und Thematiken begegnen: Verwunschene Prinzessinnen, die nur darauf warten, von ihrem Prinzen – oder so ähnlich – erlöst zu werden; böse Zauberer, die willigst ihre Pläne teilen und – vor allem – namensgerecht super böse sind; Liebe auf den ersten Blick, bei dem nur so die Funken sprühen; und noch viele mehr. In How to Break an Evil Curse findet ihr all das, nur überhaupt nicht so, wie ihr euch das vorstellen würdet.
Böse Flüche, verwunschene Prinzessinnen und Spargel-allergische Jünglinge
How to Break an Evil Curse von Autorin Laura Morrison, die das Buch als ihr erstes seriöses Projekt bezeichnet, erzählt die Geschichte von Prinzessin Julianna, die aufgrund eines Streits ihres königlichen Papas mit dessen Ex-bestem-Kinderfreund-Schrägstrich-bösem-Magier Farland dazu verflucht ist, bei der geringsten Berührung mit Sonnenlicht zu sterben. Der einzige Gegenfluch: Sich unsterblich in einen jungen Mann zu verlieben, der sein ganzes Leben lang auf See verbracht hat, dessen Eltern einst Teil einer reisenden Theatertruppe waren, der Banjo und Akkordeon und Cembalo spielen kann und obendrein allergisch auf Spargel ist. Na wenn’s weiter nichts ist.
Trotz Jugend im tiefsten Kerker des Schlosses, den kein Sonnenstrahl je erreicht– natürlich umfunktioniert zum gemütlichen, wenngleich etwas feucht-kalten Gemach – ist Julianna allerdings alles andere als lebensverdrossen, ganz im Gegenteil: Seit Jahren tut sie Nacht um Nacht nichts anderes, als ihre Aufpasserin mit Schlafmittel vollzupumpen, um ungestört einen Tunnel nach draußen zu graben – verborgen vor allen lebenden Bewohnern des Schlosses und überwacht von ihren drei Geisterkumpeln, die nur sie sehen und hören kann. Immerhin muss so ein Fluch ja auch Vorteile mit sich bringen.
Als sie eines Nachts endlich selbst einen Ausflug ins Reich Fritillary unternehmen kann, läuft das allerdings nicht so, wie sie sich das vorgestellt hat (ihr seht, das ist das inoffizielle Thema des Buches): Die Stadt ist heruntergekommen, ihre Bewohner tatsächlich arm, diese planen überdies eine Revolte gegen Juliannas nicht ganz so gütigen Vater, und die verfluchte Prinzessin wird schnurstracks in die Machenschaften von Schurken gezogen und läuft obendrein direkt in Warren und dessen Schwester – die aktuell auf ihrem ersten Landausflug überhaupt sind, nachdem sie ihr ganzes Leben lang auf See mit ihren Eltern verbracht haben, die einst Teil einer reisenden Theatertruppe waren …
Kritische Selbstanalyse
Kritisch? Selbstanalyse? Wow, klingt das langweilig – aber auch das ist nicht so gemeint, wie ihr euch das vorstellen würdet. How to Break an Evil Curse rechnet mit so gut wie jedem Klischee ab, das ihr in Fantasy nur finden könntet, verpasst ihm einen frischen Twist, würzt alles mit der richtigen Portion Sarkasmus und erzählt dennoch eine klassische Märchenstory – oder zumindest so ähnlich. Wer braucht denn auch schon Liebe auf den ersten Blick, wenn die Prinzessin weit Wichtigeres zu tun hat – beispielsweise den Jüngling, der eigentlich sie retten sollte, (wiederholt) zu retten?
Einer der größten Plus-, aber auch Minuspunkte an How to Break an Evil Curse sind seine Charaktere. Von der taffen Prinzessin Julianna, die alles andere als Jungfrau in Nöten ist, und Warren, der zwar kein stattlicher, kampferprobter Prinz ist, dafür jedoch umso mehr Mut und Durchhaltevermögen hat, über Farland, der nur eines noch mehr liebt als seine bösen Pläne: seine dramatischen Auftritte, bis hin zu einer ganzen Riege an schrägen, aber liebenswerten Nebencharakteren, darunter etwa eine körperloses, dafür aber telepathisch begabtes magisches Becken voller Rabenblut, das für seine Untaten in den Händen Farlands büßen möchte, indem es nicht nur Julianna und Warren hilft, sondern sich auch noch dem Widerstand anschließt.
Während die Hauptfiguren dabei durchwegs gut erforscht werden, passiert es leider auch regelmäßig, dass Charaktere mit viel Raum für Potenzial eingeführt werden, um dann auch ebenso schnell wieder aus der Story zu verschwinden – zumindest zunächst, denn How To Break an Evil Curse ist nur Band 1 der Reihe. Ein wenig schade ist es dennoch, wenn so viele Stränge eröffnet und bloß ein kleiner Teil davon im Laufe des aktuellen Buches wirklich weiterverfolgt wird.
Wirklich schaden tut das der Story aber nicht. Diese schafft es, mit ihrem flotten Stil durchwegs bei der Stange zu halten und durch Sarkasmus Tiefe zu schaffen, indem sie immer wieder amüsant auf genau jene Dinge aufmerksam macht, die in Märchen üblicherweise komplett ignoriert werden – seien das die miesen Lebensumstände des einfachen Volks, die fadenscheinigen Motive der Antagonisten, so böse zu sein, wie sie das sind, oder Helden, die konstant eines über die Rübe bekommen, ohne dabei auch nur ein einziges Mal Gehirnerschütterung zu bekommen.
Märchen mit Twist(s)
How to Break an Evil Curse klang schon beim Lesen der Inhaltsangabe wundervoll und lieferte im Endeffekt genau das, was ich mir erhofft bzw. erwartet hatte: Eine Abrechnung mit allerlei gängigen Märchen- bzw. Fantasy-Klischees, ohne dabei darauf zu vergessen, auch selbst eine interessante Story mit liebenswerten Charakteren zu erzählen. Dank locker-lustigem Schreibstil war ich auch im Nu fertig mit den knapp über 400 Seiten und freue mich jetzt schon auf die offensichtlich folgende Fortsetzung. Somit gibt es von mir für How to Break an Evil Curse eine klare Empfehlung für alle, die Fantasy lieben und Sarkasmus leben.
How to Break an Evil Curse
Autorin: Laura Morrison
Verlag: Black Spot Books
Genre: Fantasy
Seiten: 410 Seiten
Alter: ab 12 Jahren
Erscheinungsdatum: 6. Juli 2021 (Englisch)
Kira arbeitet bereits seit 2004 für diverse Videospiel- und Entertainment-Magazine, darunter auch die ehemaligen Printmagazine von Gamers.at und consol.at. Leidenschaftliche Zockerin ist sie allerdings schon seit dem Atari 2600 und sie kann sich auch nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird.